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Liebe Tierfreunde,
ich bins, der Hektor aus dem Tierheim Vielauer Wald.

 

Seit fast einem Jahr bin ich nun im Tierheim. Ich bin ein junger, intelligenter Rüde und wünsche mir so sehr, endlich ein Zuhause zu haben und das Leben außerhalb von Zäunen kennenzulernen.
Meine ersten Monate im Tierheim waren besonders schwierig für mich. Nach der Quarantänezeit, wo ich viele Tage in einem Einzelzwinger ohne jede Beschäftigung sitzen musste, zog ich in die „normale“ Hundezeile um.


Endlich durfte ich auch mal wieder spazieren gehen - allerdings nur an der Leine und für eine Stunde täglich. Bald hatte ich mich mit Gerd angefreundet, der von nun an jeden Tag mit mir loszog. Oft waren auch seine Frau und seine Hündin dabei. Allerdings habe ich es ihnen am Anfang nicht leicht gemacht: An der Leine gezogen wie ein Verrückter.

 

Der Hundesachverständige des Tierheims hat dann mit Gerd und mir trainiert. Ich bekam ein Würgehalsband(!) um den Hals und ein Spielzeug ins Maul, das Gerd während des gesamten Spaziergangs immer wieder werfen sollte. Außerdem wurde er mit einer Spritzpistole ausgerüstet.


Falls Ihr den Hundesachverständigen näher kennenlernen wollt, schaut mal dieses Video an:

 

 

 

Er kommt aus dem Gebrauchshundesport. Komisches Wort: Gebrauchshunde – Ob es auch Gebrauchsmenschen gibt???

 

Wie Ihr Euch denken könnt, half das alles nichts. Auf die Spritzpistole reagierte ich kurz. Aber sonst wurde ich immer unruhiger, begann Steine zu hüten und stürzte mich winselnd auf jeden Stock am Wegrand, um ihn kurz und klein zu schroten.

Im TH war ich schnell der Problemfall: wurde viel angeschrien, am Halsband nach unten gedrückt, selten auch getreten und geschlagen.

 

Dann lernte ich meine 2. feste Ausführerin kennen: Marion M.. Gerd hatte sie zu unseren Spaziergängen dazu geholt. Sie hat im Dog-Institut einiges gelernt darüber, wie wir Fellnasen so kommunizieren.

 

Schon nach kurzer Zeit wurden unsere Spaziergänge entspannter: ohne Spritzpistole, fliegendes Spielzeug und Leinengezerre. So, hier mach ich mal kurz Pause, weil Marion etwas ergänzen möchte…

 

(Die Schilderungen hier sollen keine Lobhudelei auf meine Person sein. Wenn schon ein Lob, dann soll es einzig Hektor gelten, der trotz seiner vielfältigen negativen Erfahrungen mit uns Menschen mir in kurzer Zeit sein Vertrauen schenkte. Sein Stöckezerschroten und Jagen nach Flugobjekten hatte schon fast Suchtcharakter angenommen und es rührte mich oft zu Tränen, wie er meinen leisen Zeichen und Anweisungen folgte, obwohl es ihm sehr viel abverlangte. Sehr beeindruckt haben mich auch seine Intelligenz und seine hohe soziale Kompetenz im Umgang mit anderen Hunden)

 

Obwohl unser TH-Alltag schon schwer genug ist, gab es für mich bald weitere Enttäuschungen. Weil nicht mehr genügend Ausführer kommen, musste Gerd oft andere Hunde nehmen. Ich kam an diesen Tagen gar nicht raus. Vielleicht sagt Ihr jetzt, ist doch nicht so schlimm. Aber Ihr könnt ja auch laufen und rennen, wohin ihr wollt. Doch wenn man den ganzen Tag eingesperrt ist, dann kriegt man sich vor Freude kaum ein, schon wenn man das Auto hört… Und es geht ja nicht nur ums Laufen. Dieser feste Ausführer ist unsere Bezugsperson, unser Freund. Und wenn der uns einfach stehen lässt und mit einem anderen abschiebt, zeigt uns das mal wieder, dass man Euch Menschen selten vertrauen kann. Warum die Tierheimleitung so etwas nicht weiß???


Sie haben mich auch immer gerade in den Auslauf gesteckt, wo ich Gerd am Tor sehen konnte und er mich.
Später habe ich erfahren, dass Gerd dann genauso traurig war wie ich. Er hatte vorgeschlagen, ein oder sogar zwei Stunden(!) mit anderen Hunden zu laufen und mich dann anschließend auf eine Runde mitzunehmen. Leider bekam er von den Tierpflegern nur zur Antwort: „Hier bestimmen wir, welcher Hund raus darf.“

 

Damit das TH etwas Geld bekommt und weil ich ein gesunder junger Hund bin, wurde ich zum Blutspenden geschickt. Ehrlich, unser Leben hinter Gittern ist eh schon traurig. Muss das dann auch noch sein? Mein Hals wurde großflächig abrasiert (sah echt sch… aus) und dann wurde mir aus der Halsvene Blut abgezapft. Das dicke Ende kam aber erst im TH. Die Tierpfleger legten mir auf dem kahlrasierten Hals ein starres Halsband an und schickten mich so zum Gassigehen. Danach hatte ich den Salat: Mein Hals entzündete sich ziemlich schlimm und ich musste eine Woche im Zwinger hocken. Das war der Dank!!!

Eines Tages blieb mein geliebter Gassigeher ganz weg. Wie Ihr ja schon wisst, war er plötzlich verstorben – Unfassbar!

 

Als kleinen Trost versprach mir Marion M., jetzt möglichst jeden Tag mit mir zu gehen.

Leider kam die nächste Enttäuschung für mich: Marion M. wurde vom Vorstand untersagt, weiterhin Hunde auszuführen.

 

Endlich!!! Nach all den schlimmen Monaten gab es dann eine ganz tolle Neuigkeit für mich: Liebe Leute von ganz weit her (400 km entfernt) hatten mich im Internet entdeckt und wollten mich nun adoptieren. Ist das zu fassen: Ausgerechnet mich!!! Naja – es gibt wirklich noch Menschen mit Geschmack… Zu Himmelfahrt kamen sie die weite Strecke zusammen mit ihrer Hündin angereist. Wir sind zusammen spazieren gegangen. Die Hündin ist im gleichen Alter wie ich und schon äußerlich wären wir ein Traumpaar. Nach dem Spaziergang wollte ich gar nicht mehr ins TH zurück. Sie mussten lange auf mich einreden. Wir Hunde haben ein sehr gutes Gespür dafür, wer es gut mit uns meint.


Die netten Leute haben im TH die sog. Selbstauskunft ausgefüllt und waren einverstanden, dass ein Tierschutzbeauftragter bei ihnen vor Ort kontrolliert, ob auch wirklich alles für einen Zweithund geeignet ist. Sie haben ein schönes Häuschen mit Garten.

Ihre Hündin ist extrem ängstlich – da wäre ich genau der Richtige, um ihr Sicherheit zu geben – und ich hätte jemanden, um den ich mich kümmern kann. Eine Einzelhaltung wäre sicher nicht´s für mich, da würde ich dann vielleicht wieder Stöcke zerschroten und so Sachen…

 

Weil die Hündin so ängstlich ist und wir uns erst mal in Ruhe kennenlernen sollten, hatte die nette Familie eine tolle Idee: Sie hatten im Juni eine Woche Urlaub in einem eingezäunten ruhigen Ferienhaus und haben bereits im Mai im TH angefragt, ob ich mal für 2 oder 3 Tage Urlaub vom TH bekomme. Sie wollten 200 € für mich und ihren Pass im TH hinterlegen.


Marion M. und Horst G. (arbeitet als Revisor im TSV und ist mein neuer Gassigeher) haben sich bereit erklärt, mich notfalls auch hinzufahren und wieder abzuholen.

Am 20. Juli wollten mich die Leute dann endgültig adoptieren und zu sich holen. Dann wäre dort über mehrere Wochen immer jemand zuhause und ich könnte mich in Ruhe einleben.


Dann der nächste Schock: Der Vorstand des TSV und damit auch der Hundesachverständige lehnten diesen Vorschlag ab. Hier ihre schriftliche Begründung:
„wie bereits beschrieben, schätzen wir die Situation so ein, daß die Zusammenführung der Hunde in einer Urlaubssituation wenig hilfreich ist und für Hektor erheblichen Streß bedeutet, wenn dem Hund schlagartig jeglicher Sozialbezug genommen wird (er kennt Sie nicht), er seiner Gewohnheiten entrissen wird (Tagesablauf im Tierheim) und sich dabei noch auf einen anderen Hund einstellen soll…. Die Vorsitzende“

 

Hä??? – Haben die nicht mitbekommen, wie ich im TH leide und dass ich schon nach dem ersten Spaziergang bei dieser Hündin und ihrer Familie bleiben wollte??? – Welcher Sozialbezug??? – So viel Sozialbezug wie in den 2 Urlaubstagen hätte ich vielleicht in meinem ganzen Leben noch nicht gehabt. – Welche Gewohnheiten? Auf Gitter, Gebell und Geschrei kann ich gern mal paar Tage verzichten…

 

Aber alle Nachfragen von der Familie und verschiedenen anderen Leuten, die mich bereits in ihr Herz geschlossen haben, halfen nichts: Der Vorstand hat beschlossen und basta!

Sagen einfach Nein und verbauen mir so die vielleicht einmalige Chance auf ein gutes Zuhause.

 

Außerdem bin ich ja nicht der einzige große und nicht ganz einfache Hund im TH, der schon lange auf eine Chance wartet. Immer mehr Dauerinsassen „drehen am Rad“ und dürfen nur noch mit Maulkorb raus. Wenn ich weg wäre, hätten sie doch im TH mehr Zeit, sich mit denen zu befassen. Und dann müssen sie für mich nicht mehr zahlen – sie bekommen sogar Geld für mich. Da braucht dann erst mal keiner meiner Kumpels sich in den Hals stechen zu lassen und sein Blut zu verkaufen…

 

Vielleicht kann ich ja doch noch irgendwie in dieses schöne Zuhause umziehen.
Danke, dass Ihr diesen langen Brief von mir gelesen habt!

Viele liebe Grüße Euer trauriger Hektor (Juni 2015)

MM

 

 

Nachruf von Hektor für seinen lieben Gassigeher Gerd

Unfassbar für mich, dass Du nicht mehr zu mir ins Tierheim kommen kannst. Jeden Tag warst Du da, seit fast 9 Monaten.
Wir waren ein gutes Team.

 

Dabei waren unsere ersten gemeinsamen Wochen nicht einfach. Im Tierheim galt ich als schwieriger Hund. Du solltest mich beim Spazierengehen mit Kettenhalsband und Spritzpistole "in Schach halten". Aber weil Du mich nicht nur mit den Augen sondern auch mit dem Herzen angeschaut hast, hast Du gemerkt, dass ich eigentlich etwas anderes brauche. Für Dich war ich schon nach kurzer Zeit ein ganz besonderer Hund. Du hast gesehen, dass ich nett zu Menschen bin und auch mit anderen Hunden gut umgehen kann.
Zusammen mit Marion, meiner anderen Gassigeherin, hast Du entdeckt, dass ich viel besser auf Ruhe und leise Worte reagiere und man mich nicht anschreien, an der Leine ziehen oder mich mit Wasser vollspritzen muss.

Es war eine wunderbare Zeit mit Dir. Du hattest immer eine Idee, was man machen könnte.
Die vielen schönen Ausflüge habe ich genossen.
Du weißt ja, Hunde haben Gefühle wie kleine Kinder - ich vermisse Dich sehr!

Bereits wenn ich Dein Auto hörte, stand ich im Tierheim gespannt hinter dem Zaun und war voller Vorfreude.
In den letzten Wochen gab es dann leider immer wieder Tage, an denen ich nicht mit Dir raus durfte und Du andere Hunde nehmen musstest.
Ich konnte Dir nur traurig hinterherschauen - und auch Dich hatte das sehr traurig gemacht.

Und noch einen Schock muss ich verdauen: Marion, die so viel über Hunde weiß, darf nun keine Hunde mehr ausführen. Sie hätte allen so viel zeigen können, denn ihre Methoden taten mir gut und ich war richtig entspannt.

Wenn ich vielleicht eines Tages ein richtiges Zuhause finde, dann habe ich es auch Dir zu verdanken. Durch Dich habe ich gemerkt, dass es auch Menschen gibt, denen ich vertrauen kann.

Mein lieber Gerd - mach´s gut!
Du bleibst fest in meinen Erinnerungen.

Frau F.

 

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09.02.2016:

Dieses Foto entstand vor ca. 2 Wochen. Zu sehen

sind Sina und Hektor, die in einem Teil der neu

erbauten Gruppenanlage einquartiert wurden.
Bereits im Mai hatte ich beobachtet, dass sie nicht

miteinander harmonieren, wenn sie zusammen

im großen Auslauf waren. Leider wurde ihr Verhalten

damals als Spiel abgetan.

Nun ist es etwas anderes, mal eine Stunde miteinander in einem Auslauf zu sein oder sich rund um die Uhr über Wochen diesen kleinen Auslauf teilen zu müssen ohne Beschäftigung und Gassirunden.

 

Hektors Körpersprache war deutlich - als diese Aufnahme entstand - : Mit hängendem Kopf und Schwanz versuchte er möglichst weit weg von Sina zu kommen.

Doch auch Sina leidet unter dieser Situation. In letzter Zeit berichteten Ausführer, dass sie bei ihr kleinere Verletzungen entdeckt haben.
Selbst der Hundesachverständige erzählte einer Ausführerin, dass er beobachtete, wie Hektor Sina "am Schlafittchen gepackt" und geschüttelt hatte. Leider griff er nicht ein...
Hinzu kommt, dass der Boden - wenn nicht gerade Schnee liegt - eben sehr schlammig ist, durch die ständigen Raufereien das Fell der Hunde schlammig und nass wird und sie dann nur die eisigen unbeheizten Zwinger für die Nacht haben.

Bereits VOR Baubeginn gab es unter den aktiven Vereinsmitgliedern schwere Bedenken gegen diese Gruppenanlage. Wo sollen im Tierheim Vielau 4 miteinander verträgliche Hunde herkommen - wie es das Baukonzept vorsieht? Maulkörbe, Verhaltensauffälligkeiten, "Geräuschkulisse"...sprechen für sich.

Nun kann es nicht sein, dass Sina und Hektor, die deutlich nicht mitaneinder können, dieses Fehlkonzept ausbaden müssen und als Vorzeigehunde dienen, die beweisen, dass die Gruppenanlage eben nicht weiterhin leer steht.

Aktuell sind die beiden wohl wieder in ihre Einzelzwinger umgezogen. Hoffen wir, dass sie in Zukunft mit passenden "Kollegen" zusammensein dürfen. Bei Hektor könnte man zum Beispiel mal einen Versuch mit Rex starten...
MM

 

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Ostern 2016: HEKTOR - ENDLICH EIN ZUHAUSE! (Text von unserer facebook-Seite)
Seit August 2014 wartete HEKTOR im Tierheim Vielau auf ein neues Zuhause.
Viele haben das liebenswerte junge Kraftpaket in dieser Zeit in ihr Herz geschlossen.

Bis zu meinem Ausführverbot im Mai 2015 gehörte ich zu seinen festen Gassigehern und bin heute sehr dankbar dafür. In meinem fast 10-jährigen Einsatz als Gassigeher hat mich selten ein Hund so beeindruckt und zum Staunen gebracht wie dieser "große Schwarze" mit seinem Gespür für feine Signale und seiner hohen sozialen Kompetenz.

 

Leider wurde er oft verkannt und musste in den vergangenen beiden Jahren viel Schlimmes verkraften, so dass seine Erlebnisse eine lange Seite auf unserer Homepage füllen:
http://tierfreunde-zwickau.wix.com/tierfreunde#!hektor/c1eb1

Dort sind auch Fotos von HEKTOR zu finden (Button anklicken).

Auch dieser Bericht einer Tiertherapeutin über ihren Besuch im Tierheim Vielau handelt von HEKTOR:
http://tierfreunde-zwickau.wix.com/tierfreunde…

Zu Ostern war es dann endlich soweit: HEKTOR hat ein Zuhause gefunden!

Alles Gute, HEKTOR, und viele glückliche Jahre in Deinem neuen Rudel!!! Du hast es mehr als verdient.
MM

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